Der Berliner Senator für Kultur und Europa, Klaus Lederer, stellt sich den Fragen von Konrad Kutt zur Nachhaltigen BücherboXX.

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1. Die BücherboXX Europa hat mehrere Monate in Ihrer Senatsverwaltung für Kultur und Europa gestanden, jetzt haben Sie auch die deutsch-polnische BiblioboXX in Breslau (Wrocław) besucht. Welches ist Ihr genereller Eindruck, welche Verbindungen kommen Ihnen in den Kopf?
A.: Die BücherboXX Europa wurde in unserer Senatsverwaltung sehr gut angenommen – von den Kolleginnen und Kollegen, aber auch von anderem Publikum, das hier ins Haus kommt. Das Motto „Bücher verbinden Europa“ gefällt mir sehr gut, denn Bücher erzählen uns etwas über das andere Land, die Menschen, über Bücher kann man sich austauschen, diskutieren, streiten, lachen. Man kann sie weitergeben, ausleihen. Und genau dieses kommunikative Element ist es ja auch, das die BücherboXX fördern möchte.
2. Das vorherrschendes Thema heißt Digitalisierung. Dagegen hat es das Buch als traditionelles europäisches Kulturgut schwer. Stadtbüchereien verschwinden, das Buch ist nicht mehr sichtbar, die Fähigkeit zum Lesen schwindet mehr und mehr. Kann die BücherboXX an der Straßenecke diesen Trend aufhalten?
A.: Ich glaube, dass die BücherboXX ihren Teil dazu beiträgt, dass das Buch weiterhin ein zentrales Medium bleibt. Ganz so schwarz würde ich die Entwicklung des Buches allerdings nicht zeichnen: Obwohl das Buch in einem zunehmenden Wettbewerb mit anderen Medien um die Zeit und Aufmerksamkeit der Menschen steht, behauptet es sich doch in der Medienlandschaft. Das zeigen auch die Zahlen, die zum Buchmarkt in Deutschland vorliegen.
3. Auszubildende und Berufsschüler/innen sind am Aus- und Umbau einer BücherboXX in mehreren Gewerken maßgeblich beteiligt. Die BücherboXX versteht sich als berufspädagogisches, nachhaltiges, kulturelles und politisches Projekt. Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach diese Kompetenzen in der Berufsausbildung?
A.: Das war ja eines der Anliegen des Projektes BücherboXX Oder-Partnerschaft, diese Kompetenzen an Zielgruppen zu vermitteln, die möglicherweise nicht so viele Berührungspunkte mit dem Nachbarland haben. Ich denke, dieser grenzüberschreitende Dialog, der Aufbau interkultureller Kompetenzen und auch das Wissen über die Vergangenheit sind ganz wichtige Elemente. Und das Thema Nachhaltigkeit sollte natürlich sowieso dazu zählen, in einer Zeit, in der immer noch zu viel unreflektiert weggeworfen wird.
4. Man spricht heute von der Wiederentdeckung der Straße im Sinne einer kulturellen und kommunikativen, gemeinschaftsbildenden Aneignung durch Bürger. Die frei zugängliche BücherboXX ist als eine Bibliothek an der Ecke oder im Kiez gedacht. Hat sie gegen die Vormacht von Konsum, Auto und Beschleunigung überhaupt eine Chance?
A.: Sicherlich ist es auch wichtig, die BoXX in regelmäßigen Abständen zu „beleben“, z.B. durch Veranstaltungen oder kulturelle Events vor Ort.
5. Sie haben in einem Salongespräch am 25. März 2018 im Oppenheim-Haus in Wrocław von der Bedeutung des Kultur- und Kreativsektors im Rahmen der Transformation als einer Bewegung „von unten“ gesprochen. Wie ordnen Sie die BiblioboXX in diesen Prozess ein?
A.: Die BiblioboXX, d.h. die BücherboXX Oder-Partnerschaft, ist ein gutes Beispiel dafür. Sowohl was den Entstehungsprozess angeht – der gemeinsame Umbau durch polnische und deutsche Jugendliche – als auch was die weitere Entwicklung angeht. Über die Wanderschaft der BiblioboXX durch die Region der Oder-Partnerschaft sind vielfältige Kontakte entstanden, die auch für andere kulturelle Projekte genutzt werden können.
6. Presse und Fernsehen sowie die sozialen Medien in Polen haben über die Aufstellung der BiblioboXX breit und ausführlich berichtet. Welche Rolle könnte die deutsch-polnische BiblioboXX weiterhin für den Dialog zwischen Wrocław und Berlin oder für Polen insgesamt spielen und wie beurteilen Sie den Standort direkt vor dem Willy-Brandt-Zentrum?
A.: Diese breite Resonanz ist natürlich schön und der Standort vor dem Willy-Brandt-Zentrum auch passend. Wichtig erscheint mir, dass das Projekt auf ein breites Fundament gestellt und von vielen verschiedenen Partnern getragen wird, sowohl auf der deutschen als auch auf der polnischen Seite. Nur so kann es ein lebendiger Schauplatz des Austausches sein. Ich wünsche dem Projekt jedenfalls weiterhin viel Erfolg.